Bitte wechseln Sie auf ein größeres Gerät.
Solaranlagen über landwirtschaftlichen Flächen:
APV-RESOLA erforschte eine ertragreiche Doppelnutzung von Land.
Laufzeit: März 2015 bis Dezember 2020
Das Team der Innovationsgruppe APV-RESOLA erprobte erstmalig umfassend die Doppelnutzung landwirtschaftlicher Flächen in Deutschland. Per Solaranlage wird erneuerbarer Strom erzeugt, darunter wachsen Feldfrüchte. Die doppelte Nutzung gab dem Projekt seinen Namen: Agri-Photovoltaik (Agri-PV).
Das Ziel von APV-RESOLA: Die Bedingungen einer Ernte von Energie und Landwirtschaft auf einer Fläche zu erforschen. Das betraf den Ertrag und die Wirtschaftlichkeit, aber vor allem auch die Akzeptanz der Bevölkerung für die damit verbundene Landschaftsveränderung.
Zum Vergrößern bitte Grafik anklicken
Die Forschungsanlage wurde in der Gemeinde Herdwangen-Schönach in der Region Bodensee-Oberschwaben (Baden-Württemberg) installiert. Die Region ist eine Wachstumsregion mit hohem Energiebedarf. Sonnenenergie ist die wichtigste erneuerbare Energiequelle.
Trotz Wachstum soll die regionale Kulturlandschaft erhalten bleiben – das schließt die Landwirtschaft ein. Feldfrüchte und Sonnenstrom vom selben Acker zu ernten, ist eine Möglichkeit fruchtbare Böden zu schützen und Konflikte um die Nutzung von Flächen zu entschärfen. Die vielversprechenden Ergebnisse der Doppelnutzung zeigen, dass die Agri-PV in Zukunft auch in anderen Regionen angewandt werden könnte.
In der Innovationsgruppe APV-RESOLA arbeiteten Vertreterinnen und Vertreter aus der Landwirtschaft, der Wissenschaft und freien Wirtschaft sowie aus regionalen und kommunalen Verwaltungen zusammen.
Das Vorhaben von APV-RESOLA, erneuerbare Energie und Ackerfrüchte auf einer Fläche zu produzieren, war in Deutschland in dieser Form bisher einzigartig. Da die Solarpanels in sechs Meter Höhe stehen, können Landmaschinen problemlos darunter fruchtbare Böden bewirtschaften. Die entsprechende Forschungsanlage wurde im Sommer 2016 auf dem Land der Hofgemeinschaft Heggelbach errichtet.
Das Forschungsfeld ist insgesamt rund 2,5 Hektar groß. Die Fläche unter der Solaranlage beträgt etwa 3.000 m². Ein Versuchsfeld ohne Agri-PV-Anlage diente dem Vergleich, wie die Pflanzen ohne eine Teilbeschattung wachsen.
Bild: © BayWa r.e.
Seit Oktober 2016 liefert die Forschungsanlage erneuerbare Energie. Sie hat im ersten Jahr Strom produziert, mit welchem bilanziell 62 Vier-Personen-Haushalte versorgt werden könnten. Derzeit wird der produzierte Strom von der Hofgemeinschaft zu etwa 40% selbst genutzt, die restliche Energie wird in das Netz eingespeist. Langfristig möchte die Hofgemeinschaft ihren Betrieb komplett aus der eigenen Sonnenenergie versorgen.
Die Universität Hohenheim testete zusammen mit Landwirten unterschiedliche Erntekulturen. Unter der Anlage in Heggelbach wurden Winterweizen, Kartoffeln, Sellerie und Kleegras angebaut. Das Forscherteam untersuchte die Effekte der Forschungsanlage auf die Erträge der Testkulturen.
Im Versuchszeitraum zeigte sich, dass die Teilverschattung durch die Anlage einen besonders positiven Effekt auf die Pflanzen während trockener und heißer Wachstumsperioden hatte. Besonders im ‘Hitzesommer 2018‘ wurde dieser positive Effekt deutlich.
Extreme Wetterperioden sind im Zuge des Klimawandels häufiger zu erwarten. In kühleren und feuchteren Sommern wurden nur leichte Ertragsminderungen verzeichnet, welche jedoch über der kritischen Marke von 80 Prozent Produktivität im Vergleich zur Referenzfläche blieben. Durch den gezielten Einsatz von schattentoleranten Pflanzen und ein auf die jeweilige Kultur maßgeschneidertes Anlagendesign können die Erträge unter Agri-PV-Anlagen weiter verbessert werden.
APV-RESOLA zeigte, dass durch die Kombination von Energie- und Pflanzenproduktion auf derselben Fläche die Landproduktivität um bis zu 86 % gesteigert werden kann. Hingegen würde die separate Flächennutzung von Landwirtschaft und PV-Stromproduktion für die gleiche Menge an landwirtschaftlichem Ertrag und Energie die 1,86-fache Fläche benötigen. Somit schützt die Agri-PV fruchtbare Böden und das Klima.
Zum Vergrößern bitte Grafik anklicken
Die Innovationsgruppe diskutierte mit Bürgerinnen und Bürgern die Erwartungen und Befürchtungen bezüglich der Agri-Photovoltaik. Dazu fanden zwei Bürgerwerkstätten statt. Die Technologie wird seitens der Bevölkerung überwiegend positiv gesehen, ebenso wie die Bürgerbeteiligung am Forschungsprozess. Bürgerinnen und Bürger sprachen sich für eine verpflichtende Bewirtschaftung sowie für eine Begrenzung der Größe und Konzentration der Anlagen um Wildwuchs zu vermeiden aus.
Die Technologie kann landwirtschaftlichen Betrieben zusätzliche Einnahmen verschaffen, u.a. durch Erträge aus der Stromerzeugung. Für die Forschungsanlage in Heggelbach wurde dafür ein Betreibermodell entwickelt, das die zu erwartenden Einnahmen ermittelt und die gesamte Anlage auf eine langfristig tragfähige Basis stellt.
Die Kosten einer Agri-PV-Anlage sind bei einer durchschnittlichen Größe von 2 Hektar schon jetzt gegenüber kleinen Solardachanlagen, die z.B. für Privathaushalte eingesetzt werden, wettbewerbsfähig.
Das Team des Verbundprojektes erforschte parallel zur doppelten Ernte, wie die Innovation in bestehende Rechtsrahmen und Verordnungen integriert werden kann. Damit soll einer breiten Anwendung der Weg geebnet werden.
© Hilber Solar
Als eines der zentralen Ergebnisse des Forschungsprojektes APV-RESOLA veröffentlichte das Fraunhofer ISE in Kooperation mit einer Vielzahl an Partnern aus Wissenschaft und Praxis einen Agri-PV-Leitfaden. Der Leitfaden stellt die wichtigsten Forschungsergebnisse des Projekts vor und informiert über die Möglichkeiten und Vorteile der Agri-PV, über ihr Potential und den aktuellen Technologiestand. Darüber hinaus werden praktische Hinweise zur Nutzung der Agri-PV für Landwirte, Kommunen und Unternehmen aufgegriffen.
Zur Qualitätssicherung von Agri-Photovoltaik-Anlagen fand am 12. Dezember 2019 in Berlin eine Kick-off Veranstaltung zur Erarbeitung einer DIN-SPEC statt. Das Fraunhofer ISE wird in Zusammenarbeit mit allen relevanten Agri-PV-Marktteilnehmern und dem Deutschen Institut für Normung (DIN) eine an Messkennzahlen orientierte, qualitätsfördernde Vornorm für Agri-PV-Anlagen entwickeln. Dieser Standard wird benötigt, um Prüfverfahren, Projektdokumentationen und Zertifizierungen zu etablieren und diese Technik langfristig zu einer marktfähigen Innovation voranzutreiben.
In Chile wurden drei Pilotanlagen, u.a. in Kombination mit dem Anbau von Gemüse und Kräutern errichtet. Jede der Anlagen hat eine installierte Leistung von 13 Kilowatt. Auf dem Bild zu sehen ist die Anlage in Lampa, nordwestlich von Santiago de Chile.
Bild: © Frauenhofer Chile
Im neuen Forschungsprojekt „APV-Obstbau“ soll untersucht werden, inwieweit die Agri-PV Schutzfunktionen wie Hagel- und Vogelschutz im Apfel-Obstbau übernehmen kann. Des Weiteren wird untersucht, welche Modulkonstruktion mit dieser Kultur sinnvoll ist und wie sich die Anlage auf die Ernteerträge auswirkt. Aspekte der gesellschaftlichen Akzeptanz und Sozialverträglichkeit sollen in diesem Projekt besonders in den Fokus gerückt werden. Hierfür werden Bürgerveranstaltungen organisiert, für Obstbauer*innen ein Agri-PV-Obstbau Leitfaden erarbeitet und mit lokalen Entscheider*innen die Chancen geprüft, die Agri-PV-Technologie in den Klimaschutzplan zu integrieren.
Das Ziel des Forschungsprojekts APV 2.0 ist die Entwicklung der nächsten Generation Agri-Photovoltaik-Anlagen. Das Projekt basiert auf den Forschungsergebnissen und Erfahrungen aus APV-RESOLA sowie weiterer Forschungsaktivitäten. Im Fokus steht die Entwicklung eines neuartigen Modellierungstools, welches die photovoltaischen und landwirtschaftlichen Erträge computergestützt simuliert. Hiermit können beispielsweise Aussagen über die Produktivität eines Gesamtsystems getroffen werden. Außerdem wird untersucht, inwiefern das Regenwasser über den installierten Agri-PV-Anlagen zur Bewässerung der landwirtschaftlichen Kulturen aufgefangen, gespeichert und genutzt werden kann.
Bild: © Sun‘Agri
Das Agri-Photovoltaik-Projekt in Mali und Gambia (APV-MaGa) ist ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt, welches darauf abzielt, das Potential der Agri-PV in Westafrika zu demonstrieren. Um die technische und sozioökonomische Tragfähigkeit der Technologie im westafrikanischen Kontext nachzuweisen, werden in beiden Ländern insgesamt fünf Demonstratoren entwickelt und installiert - ein Demonstrator in Mali und vier Demonstratoren in Gambia.
Bild: © UNU-EHS / Austin Gonzales
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE
Heidenhofstr. 2
79110 Freiburg